Meine Krankenhauszeit mit Frühchen – Mama-Bloggerinnen berichten
Hast Du wie viele andere werdende Mütter auch Angst vor einer Frühgeburt und ihren möglichen Folgen? Drei Frühchen-Mamas teilen hier ihre ganz persönlichen Erfahrungen und wollen damit Familien Mut machen, die ähnliche Situationen durchleben.
Von Frühchen spricht man bei Babys, die vor SSW 36 geboren werden. Jährlich sind das in Deutschland circa 63.000 Kinder, die ihre volle Reife zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht erreicht haben. Ungefähr 6.000 davon sind sogenannte Extrem-Frühchen, die sogar vor SSW 30 zur Welt kommen. Doch abseits von allen Statistiken und Zahlen zum Thema Frühgeburt steht eins fest: Eltern von Frühchen durchleben eine kräftezehrende bitter-schöne Zeit zwischen Bangen und Hoffen um das Leben ihres neugeborenen Kindes. Drei Mütter berichten für Dich von dieser intensiven Erfahrung.
Nicht die Grammzahl, sondern die Reife zählt
Jutta wurde Anfang 2015 Mutter eines Extremfrühchens, das sie auf ihrem gleichnamigen Blog liebevoll „Klitzeklein“ nennt. Während ihrer dritten Schwangerschaft gaben die Ärzte Juttas Baby bereits sehr früh kaum Überlebenschancen. In SSW 23+1 musste es wegen schlechter Versorgungswerte mit nur 240 g geholt werden.
„Nach der OP im Perinatalzentrum angekommen, freuten wir uns immer noch so sehr, unseren Sohn kennenlernen zu dürfen, ihn zu sehen und anzufassen. Denn das war schon jetzt weitaus mehr, als man uns prophezeit hatte. Insgesamt 154 Tage verbrachte ich mit meinem Baby in der Klinik. Und ich wäre auch 300 Tage geblieben, wenn es hätte sein müssen. Denn für mich war jeder Tag, den wir geschafft haben, ein Tag mehr, der uns nach Hause brachte. Ich habe keine Ahnung, woher ich die Kraft und die Zuversicht genommen habe. Für mich war die schlimmste Zeit eigentlich die Schwangerschaft. Die Ungewissheit, ob er überhaupt leben wird, ob dieses zappelnde Kind von den Ultraschallbildern wirklich keine Chance hat und entweder in meinem Bauch oder bei der Geburt sterben würde. Ich hatte das Gefühl, dass die Ärzte mein Kind allein aufgrund von Messungen eines Computerprogramms schon abgeschrieben hatten, bevor es überhaupt auf der Welt war. Jeder Tag neben dem Inkubator hingegen war für mich ein gewonnener Tag mit ihm.
Natürlich habe ich auch viel geweint in dieser Zeit, auch mal die Hoffnung verloren und unglaubliche Angst gehabt. Es hat mich auch mürbe gemacht, die Dunkelheit, die auf der Station herrscht, und die ganzen Geräte und Geräusche. Ich bin nachts aufgewacht und hatte Angst, dass er es nicht schafft. Mir war es wichtig für ihn da zu sein und ihm das Gefühl zu geben, dass alles gut ist. Wir haben von Tag zu Tag gelebt, sind in die Routinen und Abläufe auf der Station reingewachsen und waren Teil davon. Die Monate in der Klinik waren wie auf einem anderen Stern. Und trotz aller Hiobsbotschaften während der Schwangerschaft: Ich habe ein Baby bekommen und mit nach Hause genommen. Mit Sauerstoff- und Magensonde, aber auch das haben wir zusammen geschafft. Und wenn wir heute spazieren gehen, dann sieht man keinen Unterschied zu anderen Eltern mit Kinderwagen. Nur, dass wir vielleicht ein bisschen mehr strahlen.“
Du möchtest noch mehr erfahren? In ,,Kein Sekt, keine Blumen, kein Kind“ berichtet Jutta in ihrem Blog davon, wie unterschiedlich sie auf Station den Umgang mit Frühchen-Eltern im Vergleich zu anderen frischgebackenen Müttern erlebt hat.
Geschenkte (!) und nicht verlorene Zeit
Auf dem Blog „Vorstadtmama“ lässt Yvonne ihre Leser an ihren Erfahrungen als Mutter teilhaben. Sie hatte bereits einen Sohn als sie vor knapp über einem Jahr erfuhr, dass sie nun mit Drillingen schwanger ist. Doch dann musste Yvonne das durchstehen, was allgemein als ,,zweizeitige Geburt“ bezeichnet wird.


Jeder kleine Erfolg zählt
Mit ihrem Blog „Elfenhimmel“ möchte Lena ganz bewusst Mut machen. Sie und ihre „Schmetterlingsfamilie“ meistern gemeinsam den Alltag mit Studium, Kleinkind und Extremfrühchen mit Blog-Spitznamen Elfenkind. Dieser kleine Kämpfer war an seinem eigentlich errechnetem Geburtsdatum, dem 14.12.2015 bereits drei Monate auf der Welt.
,,Vor ein paar Monaten kam unser Elf nach einer komplizierten Schwangerschaft mit 640 g zur Welt und stellte unser bisheriges Leben vollkommen auf den Kopf. Inzwischen wiegt er um die 2700 g und der errechnete Geburtstermin ist längst überschritten, trotzdem besuche ich ihn weiterhin Tag für Tag in der Klinik. Doch auch wenn ich unseren Jungen gerne mit nach Hause nehmen würde, ist die aktuelle Situation nicht mit der Anfangszeit zu vergleichen. Damals saßen wir stundenlang vor seinem Inkubator, erzählten ihm Geschichten, sangen ihm vor und freuten uns darüber, wenn wir ihn berühren durften. Ihm ging es so schlecht, dass ihn sämtliche Reize von außen zu sehr anstrengten und wir in den ersten Wochen daher auch nur selten mit ihm kuscheln konnten. Für mich war diese Trennung das Schlimmste, das man mir antun konnte. Denn in der Angst um sein Leben hat das Gefühl gefehlt, genug Zeit mit ihm verbringen zu können. Ich war zwar so viel wie möglich bei ihm, doch gerade in den ersten fünf Tagen waren das insgesamt nur 1,5 Stunden. Ständig musste etwas an ihm gemacht werden, bei dem wir nicht anwesend sein durften, dann brauchte er Ruhe, oder es ging ihm zu schlecht … Nochmal würde ich mich nicht so wegschicken lassen, doch in der Situation weiß man eh schon nicht so recht, wie einem geschieht.
Nach und nach durften wir ihn mehr berühren, sondieren und kuscheln, womit dann auch die Beziehung stetig wuchs. Seit er nun im Wärmebett ist und ich alles selbst machen darf, haben wir noch mal eine ganz neue Stufe erreicht. Jetzt ist er einfach unser Baby, nicht mit fehlender Bindung, sondern voll und ganz unser Kind. Liebe Frühcheneltern, habt nicht nur die Entlassung im Auge, sondern versucht den Augenblick zu leben und so weit es geht zu genießen. Ihr möchtet natürlich nach Hause, doch es ist viel einfacher, wenn man nicht den Weg sieht, der vor einem liegt, sondern kleine Erfolge feiert und betrachtet, was man schon gemeistert hat. Glaubt an Euch und Euer Kind, Ihr schafft das!“
Weiterlesen? In ,,Der goldigste Kämpfer der Welt“ schreibt Lena in ihrem Blog einen berührenden Brief an ihr tapferes Baby, der uns diese klitzekleinen und nur vermeintlich schwachen Wesen in einem ganz anderen Licht betrachten lässt.
Und auch wenn die Geschichte jedes Frühchens und seiner Familie unterschiedlich verläuft, und niemand im Voraus sagen kann, was für ein Ende sie nehmen wird: Erlebnisse wie die von Jutta, Yvonne, Lena und ihren kleinen Kämpfern zeigen, dass auch der schwerste Start ins Leben eine positive Wendung bekommen kann.