Spielend lernen #24: Dein Baby erlernt „Programme“
In der heutigen Ausgabe von Spielend Lernen dreht sich alles um sogenannte „Programme“. Was sind Programme, warum sind sie so wichtig und was genau bedeuten sie für die Entwicklung Deines Kindes? Dieses recht technisch anmutende Thema füllen wir für Dich mit Leben.
Dein Kind macht jetzt sein eigenes Programm
Natürlich begleitet diese Aussage ein Augenzwinkern. Doch tatsächlich wird das derzeitige „Programm“ Deines Kindes von einer Mischung aus sorgfältigem Beobachten und selbständigem Nachmachen von Alltagshandlungen bestimmt. Warum es das macht? Dein Kind lernt sogenannte „Programme“ kennen und versucht diese nachzuahmen.
Was ist eigentlich ein Programm?
„Programme“ begleiten unseren gesamten Alltag. Hierbei handelt es sich um Abläufe, die sich immer wieder wiederholen, die bei uns Erwachsenen nahezu automatisch ablaufen und von denen wir nicht allzu viel Notiz nehmen. „Programme“ können die einfachsten Dinge Deines Alltages sein: Das Umrühren des Kaffees, Staub wischen, Haare kämmen, Wäsche falten und vieles, vieles mehr…
Im Gegensatz zu Dir schenkt Dein Kind diesen Programmen im Moment höchste Aufmerksamkeit. Denn es will immer mehr werden, wie Du. Darum beobachtet Dich Dein Schatz bei diese vielfältigen Programme sehr intensiv, probiert sie selber aus und lernt sie dadurch sehr schnell einzuordnen und auch wiederzuerkennen. Man könnte sagen, dass es durch die Nachahmung zu seinem eigenen Programmdirektor wird. 😉
Was bedeuten Programme für mein Kind?
Salopp ausgedrückt, machen Programme den Alltag für Dein Kind berechenbar. Wenn Du die Haarbürste in die Hand nimmst, weiß es, dass Du Dir Deine Haare kämmen wirst. Wenn Du den Kochtopf aus dem Schrank holst, weiß es, dass Du etwas kochen wirst und es bald Essen gibt. Durch dieses Wissen gewinnt Dein Kind immer mehr Sicherheit, denn es kann allmählich verschiedene Situationen einschätzen und mit ihnen umgehen.
Während des bisherigen Heranwachsens wurde die Welt für Deinen Sonnenschein immer größer und der Radius in welchem es sich bewegen konnte immer weiter. Dies brachte viel Verunsicherung und auch Ängste mit sich, was Du bestimmt durch stärkeres Klammern feststellen konntest. Jetzt wird das Unbekannte allmählich bekannt, denn die Programme sorgen dafür, dass Dein Kind weiß, welche Situationen wie verlaufen und wie es damit umgehen soll.
Auch der Trotzkopf wird Programm!
Sobald ein Programm beginnt, erkennt Dein Sonnenschein die Situation und kann innerhalb kürzester Zeit seine Meinung darüber bilden. Wenn Du das Babyglas aus der Küche bringst, erkennt Dein kleiner Schatz sofort: Es gibt jetzt gleich etwas zu essen. Doch habe ich gerade überhaupt hunger? Du wirst in Zukunft immer öfter feststellen, dass sich der eigene Wille Deines kleinen Sturkopfs in Zukunft verstärkt herausbildet.
Jetzt kann es durchaus häufiger passieren, dass Dein Kind mit Ablehnung oder Trotz reagiert. Möchtest Du Deinem Kind etwa für einen Spaziergang die Jacke anziehen, kann es vorkommen, dass Dir die geballte Ablehnung entgegen schlägt. Wahrscheinlich bist du über dieses Verhalten überrascht, da es Dein Kind bisher noch nicht an den Tag gelegt hat. Der Grund dafür ist ganz einfach: Es erkennt nun schon an den ersten Handlungen, dass Ihr rausgehen wollt und es darauf keine Lust hat.
Das beste Mittel dagegen: Ruhe bewahren und Deinem Kind einfühlsam erklären, warum das Anziehen der Jacke nun gerade erforderlich ist.
erklären ≠ diskutieren
„Ich mache jetzt mein eigenes Programm!“
Mit dem wiederholten Beobachten von täglichen Abläufen, bildet sich nun langsam der Wille bei Deinem kleinen Schatz heraus, diese Programme auch selber auszutesten. Nun wird Dein Kind langsam versuchen sich die Haare zu kämmen, mit einem Tuch Staub zu wischen oder zu telefonieren.
Interessant zu beobachten ist, dass Dein Kind sich nicht strikt an die Abläufe hält, so wie Du sie bisher vorgemacht hast. Die Reihenfolge kann durchaus anders sein, aber das Ergebnis wird immer gleich sein. Wichtig ist, hier nicht korrigierend einzuschreiten, sondern Deinem Kind die Freiheit zu lassen, die Programme allein zu gestalten.
Dafür ist es wichtig zu wissen, dass Dein Kind mehrere Phasen durchlebt, in welchen sich das Spielverhalten Deines Kindes weiterentwickelt. Mit dreizehn Monaten spielen zwei Phasen eine wichtige Rolle bei Deinem kleinen Sonnenschein: die Phase „Funktionelles Spiel“ und „Repräsentatives Spiel I„:
Die Anwendung des Programms beginnt also bei Deinem Kind, indem es sich z. B. selbst einen Löffel in den Mund steckt. Mit dem nächsten Schritt erweitert sich dann der Radius, indem eine Puppe ins Spiel miteinbezogen, sprich gefüttert, wird. Im Anschluss wird Dein Kind die Puppe dazu bringen, sich selbst zu füttern. Wie Du dem Schaubild entnehmen kannst, erweitert sich der Horizont Deines Kindes immer mehr.
Kopfarbeit!
Ein Tipp von uns für Dich
Mach Dir Dein neues Wissen über den unbändigen Lernhunger Deines Kides zunutze und plane für alle Tätigkeiten mehr Zeit ein. Es könnte ratsam sein, mit den einzelnen Programmen früher zu beginnen, weil damit zu rechnen ist, dass Dein Kind sie ebenfalls ausprobieren möchte.
So wäre es sinnvoll, wenn Du Dein Kind für einen Termin früher fertig machen würdest, weil der Kleine meistens überraschend auf die Idee kommen, das neue Programm ausprobieren zu wollen. Die frühere Zeitplanung nimmt Dir den Zeitdruck, macht Dich duldsamer und Dein Kind ist auch zufriedener, weil Du nicht gestresst bist.
. . . darum funktionieren Rituale
Alles auf den Punkt gebracht
- Dein Kind beobachtet ganz genau, was Du tust
- Es erkennt Programme, also festgelegte Abläufe
- Einmal erkannt, möchte Dein Kind diese Programme selbst vollziehen
- Programme werden spielerisch übernommen, geübt
- Ein Kind lebt ein Programm meistens in einer anderen Reihenfolge, als von den Eltern vorgelebt
- Trotz und Ablehnung können in dieser Zeit verstärkt auftreten