"Ich glaub, man muss sich einfach immer mit der anderen Option anfreunden"

Simone erzählt von ihrem geplanten Kaiserschnitt

  • Simone, du hattest einen geplanten Kaiserschnitt. Was war der Grund dafür? Und wie viel Zeit hattest du, um dich mental darauf einzustellen?

Ich hab mir tatsächlich die ganze Schwangerschaft Gedanken gemacht und mich im Freundeskreis umgehört. Es war so, dass unsere Tochter von Anfang an ein geringes Gewicht hatte. Also schon immer wurde prognostiziert, dass sie bei der Geburt nicht viel wiegt. Für uns hat dann tatsächlich die Angst überwogen, dass bei der normalen Geburt was passiert. Und für mich war die Vorstellung, es gibt Komplikationen und ich muss dann in den OP eine schlimmere Vorstellung, als gleich zu sagen: Ok, wir gehen direkt den Weg mit einem Kaiserschnitt.

Und am Schluss war die Versorgung auch immer wieder ein Problem und es stand eh die Frage im Raum, ob man sie nicht noch früher holen muss. So haben wir uns für diesen Weg entschieden.

"Für uns hat dann tatsächlich die Angst überwogen, dass bei der normalen Geburt was passiert."

  • Hattest du denn das Gefühl, gut auf die Kaiserschnitt-Geburt vorbereitet zu sein? Wurde sie zum Beispiel im Geburts-Vorbereitungskurs thematisiert?

Ne, einen Geburtsvorbereitungskurs haben wir dann gar nicht gemacht. Meine Hebamme hat mir bisschen was erzählt und eine Freundin, bei der es auch so war. Und schlussendlich war es eine Überraschung, was alles passiert ist. Man kann sich nicht wirklich darauf vorbereiten, finde ich. Klar weiß man theoretisch, was die machen und wo sie schneiden und was passiert, aber das Erlebnis ist ja ein ganz anderes.

  • Hattest du Sorgen in Bezug auf den Kaiserschnitt und welche waren das?

Nein, gar keine. Vielleicht am Anfang Bedenken, ob ich nicht doch vielleicht was merke, die Betäubung nicht wirkt oder so. Sonst aber gar keine.

  • Ergänze den folgenden Satz „Hätte ich doch schon vor dem Kaiserschnitt gewusst, dass…“

Wir waren so fein mit dieser Entscheidung. Daher fällt mir dazu nichts ein.

  • Wie ging es dir unmittelbar nach dem Kaiserschnitt – körperlich und seelisch?

Ich hatte einen sehr späten Kaiserschnitt, weil bei denen ein Notfall dazwischenkam. Es war fast 20.30 Uhr am Abend. Das war einfach Sch. Man darf ja nichts trinken vor der Operation. Sie mussten mir dann Infusionen geben, weil ich völlig dehydriert war. Dann wars also 22.30 Uhr, bis ich wieder auf dem Zimmer war. Knock-out.

Aber körperlich war es sonst echt ok. Das erste Mal Aufstehen ist natürlich schon heftig, aber wenn man dann läuft, dann geht’s tatsächlich einigermaßen. Hab es insgesamt körperlich gut weggesteckt, hatte keine großen Probleme. Nur die ersten zwei Tage Schmerzen. Das ging aber gut mit Schmerzmitteln.

Seelisch: Es ist überwältigend, das Baby das erste Mal im Arm zu halten. Ein echtes Problem waren für mich aber die Tage im Krankenhaus. Nicht weil ich wegen des Kaiserschnitts länger bleiben musste, sondern weil auf Grund von Personalmangel gefühlt echt nie jemand da war. Das hat mich emotional bzw. seelisch sehr getroffen. Ich hab mich allein gefühlt, muss ich sagen.

  • Hatte der Personalmangel im Krankenhaus was mit Corona zu tun?

Nein, gar nicht. Ich hatte ein Einzelzimmer und wollte das auch. Damit war ich auch fein. Aber es war dieses Gefühl: Man bekommt zum ersten Mal ein Kind – und es ist keiner da. Schwestern meine ich. Oder auch mal eine Hebamme.

Nachts waren die zum Beispiel zu zweit im Kreißsaal und auf der Station. Und das hat halt nicht funktioniert. Man will stillen und hat Fragen und so. Aber dann liegt eine andere Schwangere in den Wehen – dann können sie natürlich nicht zu mir kommen.

Ich hab dann auch gesagt, ich will raus. Ich hatte den Kaiserschnitt am Donnerstagabend und wollte am Sonntag raus, auch wenn es da normalerweise keine Entlassungen gibt. Ich konnte nicht mehr. Es war wirklich so, dass ich in den 4 Tagen keine Hebamme zweimal gesehen hab.

Nie wieder geh ich in ein großes Krankenhaus, um zu entbinden. Das hat mich seelisch echt fertiggemacht. Da hab ich länger mit gekämpft.

"Der Kaiserschnitt war super, die Zeit in der Klinik aber furchtbar."

  • Und wie war es mit Besuchen?

Die an der Pforte hatten andere Regeln als die auf der Station. Eigentlich hieß es, dass man 2 Stunden am Tag Besuch bekommen darf und erst ab 14 Uhr. Und erst am vorletzten Tag hat die eine Schwester mir gesagt, dass mein Mann kommen und gehen darf, wie er möchte. Wir haben uns halt an die Regeln gehalten, die an der Tür standen. Und als er einmal etwas später rausging, wurde er an der Pforte direkt blöd angemacht, was er noch da zu suchen hat.

Kaiserschnitt also super, aber die Zeit in der Klinik furchtbar.

  • Konntest du stillen?

Ich wollte stillen und hab auch gestillt – aber tatsächlich nur 1,5 Wochen. Dann wurde ihr Gewicht zum Problem. Ich hatte zwar genug Milch, aber sie hatte nicht genug Kraft, sich alles zu holen. Sie ist dann immer eingeschlafen und dann hätte ich zufüttern müssen.

Stillen war für mich eh nicht die Erfüllung und dann hab ich gesagt: Ich stille ab und gebe die Flasche. Sie hat auch nie gut geschlafen und nie wirklich lang. Sie hatte wahrscheinlich immer nach dem Stillen noch Hunger, war aber zu schwach zum Trinken. Durch die Flasche wurde es dann viel besser.

  • Wusstest du, dass Kaiserschnitt-Babys bezüglich der Entwicklung ihrer Darmflora andere Voraussetzungen haben als Babys, die auf natürlichem Wege auf die Welt kommen?

Ich hab das im Nachhinein gelesen, aber vorher wusste ich das nicht.

"Keine muss sich dafür rechtfertigen, dass sie eine normale Geburt hatte. Aber wir müssen uns alle für den Kaiserschnitt rechtfertigen."

  • Wie geht es dir heute, mit etwas Abstand, damit, dass du einen Kaiserschnitt hattest?

Immer noch total gut und ich würde es jederzeit wieder so machen.

  • Hast du einen Rat für Mütter, die sich in einer ähnlichen Situation wiederfinden?

Mit der Entscheidung anfreunden! Ich bin fest davon überzeugt: Wenn ich in den Kaiserschnitt mit der Einstellung reingehe, dass es ok ist und dass alles gut wird, ist auch der Heilungsprozess und das Aufstehen hinterher ganz anders – als wenn ich mit der Entscheidung zu kämpfen habe. Ich hab es bei mir und einer Freundin so gesehen: Wir wussten, es gibt danach Schmerzen usw., aber wir waren klar damit. Bei einer anderen Freundin war es zunächst eine natürliche Geburt, aber dann gab es Komplikationen und am Ende einen Not-Kaiserschnitt – und sie hatte lange damit zu kämpfen, dass sie auf einmal in den OP gefahren wurde. Aber sie war auch versteift auf die normale Geburt. Ich glaube, man muss sich einfach immer mit der anderen Option anfreunden.

Was ich auch mal gelesen hab: Keine muss sich dafür rechtfertigen, dass sie eine normale Geburt hatte. Aber wir müssen uns alle für den Kaiserschnitt rechtfertigen.

Es sollten viel mehr Mütter über den Kaiserschnitt reden!

  • Danke, liebe Simone – das war ein sehr schönes und ehrliches Gespräch.

Danke, das habe ich auch so empfunden.

Das Interview mit Simone führte Judith, Redakteurin und Mama

Hier findest du weitere Interviews:

Christiane

hatte ein Sternengucker-Baby. Es wurde ein Not-Kaiserschnitt, weil es ihr selbst immer schlechter ging.

"Denkt bei der Geburt an euer Kind – und an euch! Und nicht: Das muss unbedingt unten raus. Je länger er drinnen geblieben wäre, desto schlechter wäre es mir gegangen."

Jaqueline

musste sich mit einem Kaiserschnitt während der Geburt arrangieren. Die Herztöne ihres Babys wurden zu schlecht.

"Ich habe mir keine Sorgen um mein Baby gemacht, ich wusste ja, dass mein Mann bei ihm war. Aber ich wollte es endlich auch in meine Arme schließen."

Vivien

hatte das Gefühl, man versagt, wenn man keine natürliche Geburt hat. Sie hatte zwei Kaiserschnitte, einen ungeplanten und einen geplanten

"Auch heute stelle ich mir noch die Frage, ob ich es nicht einfach hätte probieren sollen."

in Kooperation mit

Wichtiger Hinweis: Stillen ist das Beste für Dein Baby, denn Muttermilch versorgt es mit allen wichtigen Nährstoffen. Darüber hinaus ist Stillen ein guter Schutz vor Infektionen sowie Allergien und fördert die Mutter-Kind-Beziehung. miBaby und HiPP unterstützen das Stillen nach den Empfehlungen der WHO (Säuglinge in den ersten sechs Monaten ausschließlich zu stillen) uneingeschränkt. In unseren Interviews erzählen uns Mütter, warum sie wegen Stillproblemen teilweise mit Säuglingsnahrung zugefüttert haben. Dies geschah immer nach Absprache mit und nach ausführlicher Beratung durch den Kinderarzt oder die Hebamme.